Prof. Dr. Wolfgang Harms (LMU Muenchen)

Die britische germanistische Mediaevistik ist seit langem aufs engste mit demselben Fach in anderen Laendern verflochten.
Auf diese Weise konnte sie z.B. in den Jahren ca. 1968-1974 der deutschen germanistischen Mediaevistik in der Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Diskussion wichtige Hilfe bieten, als in Deutschland entweder eine Abwendung von der mediaevistischen Wissenschaft oder (in der Regel im selben Schritt) eine Politisierung dieses Faches einzusetzen drohte. Damals war es Grossbritannien, das sich grosse Verdienste um die internationale Mediaevistik erwarb, und aus Bristol war damals an fuehrender Stelle der germanistische Mediaevist Frank Shaw hieran beteiligt. Es waere unverantwortlich, wenn die Universitaet Bristol aus diesem tragfaehigen, bewaehrten internationalen Geflecht hinausgedraengt wuerde. Als Mitbegruender und Mitherausgeber der groessten germanistischen Rezensionszeitschrift kann ich hinzufuegen, dass unser Fach insgesamt – also einschliesslich der Mediaevistik – voraussetzt und davon lebt, dass das kritische Gespraech in Form von Rezensionen saemtlicher beteiligter Laender (ca. 35 Laender sind da weltweit aktiv beteiligt, weitere passiv als Empfaenger) wechselseitig gefuehrt wird, und es wuerde grosses Befremden ausloesen, wenn Grossbritannien damit begaenne, sich aus der wissenschaftlichen Urteilsbildung zurueckzuziehen.

Prof. Dr. Nine Miedema (Universitaet Duisburg-Essen)

mit Bestuerzung habe ich gehoert, dass Dr Anne Simon entlassen worden ist – das eine hoechst bedenkliche Entwicklung, da Anne Simon zu den namhaftesten britischen Wissenschaftlerinnen im ohnehin schlecht vertretenen Bereich der Erforschung der Fruehen Neuzeit gehoert. Ich kenne insbesondere ihre Arbeiten zur Reiseliteratur, die wesentliche Beitraege zum Wissenschaftsdiskurs liefern; es ist beschaemend, wenn solche Forschungsbereiche aus schlichten oekonomischen Gruenden aufgegeben werden.
Einmal unterbrochene Forschungstraditionen lassen sich kaum wieder aufbauen; die Universitaet Bristol nimmt damit in Kauf, den Zweig der Bristoler Germanistik in der fuer sie charakteristischen gesamten Bandbreite zu eliminieren.
Dr Anne Simon ist ausserdem einer unserer wichtigsten Ansprechpartner fuer das Anglo-German Colloquium; auf sie im Bereich der Forschungsorganisation verzichten zu muessen, ist ein kaum zumutbarer Zustand. Man fragt sich mit einiger Unruhe, welches Ziel Grossbritannien mit seinen Universitaeten ansteuert.

Statement Prof. Winder McConnell (University of California)

I regret to say that I am not surprised at what has happened to Dr. Anne Simon in Bristol, as deplorable, immoral, and demoralizing as that will be to colleagues throughout the field. For what it is worth: many of us here in the United States are shaking our heads at what is going on in the United Kingdom with respect to German Studies, in particular. As a former guest professor at the University of Stirling (1990-1991), at a time when the German Department was thriving under the leadership of my dear friends, Brian Murdoch, and then Bruce Thompson — and when I went so far as to say that, were a position open, I would be honored to apply for it — I was dismayed to see it wither on the vine to the point that it no longer exists. (As far as I am concerned, Stirling has become an excellent institution for sports education and business, but it would have lost some time back, I am sure, its accreditation in the States as a University.) One hears (but hardly believes) that Oxford and Cambridge no longer require foreign languages for admission. A new twist to Spenglers /Der Untergang des Abendlandes/, if that is true.
I applaud your efforts, and those of your colleagues, on behalf of Dr.
Simon. Fine medievalists were once revered in the United Kingdom. To call them “redundant,” and particularly when this is uttered from the mouth of a Classical scholar turned bureaucrat, is repugnant. (I am restraining myself, difficult for an Irishman [born in Belfast], from employing some other epithets.] I’m afraid, however, that all of this will be small comfort to our colleague, Dr. Simon, whom I can only wish only the very best and for whom I hope another door will open soon, one that does not lead to the academic version of Dante’s Hell, but rather Milton’s /Paradise Regained/.

Prof. Dr. Ursula Peters (Universitaet Koeln)

I just learned that the University of Bristol plans to discontinue medieval studies at the German Department and that with Dr. Anne Simon one of the leading medievalists in the UK, who is a highly esteemed speaker in German conferences and an excellent contributor to medievalist journals, will be lost to the research at Bristol.
Though I am sure that this decision will be a disaster not only for Bristol’s German department and its Medieval Studies but also for the UK’s German medievalism as a whole with its very high reputation, I am not writing to you in my capacity as Professor of Medieval German Literature (University of Cologne) but rather as member of the German National Academy (Leopoldina) and above all as former representative of the Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG – German Research Foundation). During my years as vice-president of the DFG, it has been a recurring experience that it was much to the detriment of the research success of leading universities to close off small, apparently marginal subjects. This was especially visible in the “Exzellenzinitiative”, the research framework exercise crucial for government grants: excellence in research relies heavily on functioning networks across disciplines which can only be achieved if a sufficient breadth and depth of subjects is maintained. Any interdisciplinary research is ultimately dependent on research intensive “marginal” subjects. And the universities – apart from decidedly technical universities – which disinvested in pre-modern studies certainly ran into serious problems in the overall ranking exercise.
Therefore the German universities are now quite anxious to preserve the so called “small disciplines”. Being normally markedly research oriented and involved in international research networks, they are especially relevant for all initiatives of cooperative research.
I urge you to seek a review of this short-sighted and unjust decision and consider it from the perspective of future prosperous research.

Prof. Dr. Gerhard Wolf (Universitaet Bayreuth)

mit grosser Bestuerzung habe ich von der Kuendigung unserer hoch geschaetzten Kollegin Dr. Anne Simon erfahren. Dieser Schritt trifft eine Kollegin, die weit ueber die Grenzen der englischen Altgermanistik hinaus als eine hervorragende Forscherin bekannt ist: Ihre Arbeiten zur mittelalterlichen Reiseliteratur, zur mittelalterlichen Textproduktion und zur Bedeutung Nuernbergs fuer die fruehneuzeitliche Literatur sind von grosser Bedeutung fuer die Mittelalterforschung und ihre Lektuere war fuer mich immer ein grosser Gewinn. Darueber hinaus ist Frau Simon ein fester Bestandteil des Anglo-German-Kolloquiums, in dem deutsche und britische Mediaevisten ueber Jahrzehnte hinweg eine fruchtbare Zusammenarbeit aufgebaut haben. In diesem Kreis hat Frau Simon viel fuer den deutsch-britischen Wissenschaftsaustausch getan. Von diesen Kolloquien kenne ich Frau Simon auch persoenlich als eine allseits geschaetzte Kollegin und engagierte Hochschullehrerin, auf die zu verzichten fuer die Universitaet von Bristol ein grosser Fehler waere. Ich bitte Sie daher nachdruecklich darum, Ihren Entschluss noch einmal zu ueberdenken und nach anderen Loesungen zu suchen.
Mit demselben Entsetzen habe ich zur Kenntnis genommen, dass mit Frau Simon auch die Bristoler Altgermanistik zur Disposition steht und Sie das German Department um seine historischen Komponenten berauben wollen. Dies ist jedoch der falsche Weg, denn gerade die diachrone Lehre und Forschung erfreut sich in einem Europa, das sich mehr und mehr seiner gemeinsamen mittelalterlichen Wurzeln bewusst wird, einer zunehmenden Nachfrage seitens der Studierenden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine derartige Beschneidung seiner Lehrgegenstaende im Interesse der Bristoler Germanistik sein soll.
Mir ist dabei natuerlich bewusst, dass die Geisteswissenschaften im Vereinigten Koenigreich in einer dramatischen Situation sind, aber die willfaehrige Umsetzung politischer Sparbeschluesse fuehrt nach meiner Erfahrung nur dazu, dass beim naechsten Schritt auch diejenigen Faecher verschwinden, die zunaechst noch vor der Abschaffung bewahrt worden sind. Ich appelliere hier auch an Ihre Solidaritaet als Philologe und Ihren Kampfgeist: Lassen Sie sich nicht durch die Sparmassnahmen der Politik einschuechtern und versuchen Sie mithilfe der OEffentlichkeit zumindest eine Linderung, besser noch eine Aufhebung der Massnahmen zu erreichen.
Nam tua res agitur, paries cum proximus ardet.

Prof. Dr. Manfred Kern (Universitaet Salzburg)

Ich kenne Frau Dr. Anne Simon seit 1998, sie ist eine fachlich sehr versierte und umfassend interessierte Kollegin, die die lange und ehrwuerdige Tradition der britischen mediaevistischen Germanistik in ihren auch im deutschsprachigen Raum geschaetzten Arbeiten weiter gefoerdert hat. Ihre Entlassung wuerde einen schweren Verlust fuer die Internationalitaet der Disziplin, aber auch fuer die internationale Anschlussfaehigkeit der britischen Philologie bedeuten und eine bedauernswerte Verarmung innerhalb der britischen Geisteswissenschaft darstellen. Ich schliesse mich als oesterreichischer Vertreter des Faches daher mit Nachdruck den Protesten einer breiten internationalen Community von Kolleginnen und Kollegen an und fordere die Ruecknahme dieser bestuerzenden Entscheidung.

Prof. Dr. Kurt Gaertner (Universitaet Trier)

I have been informed by my British friends about what is going on in Bristol regarding German Studies there. I am especially concerned because I had a long cooperation with Bristol’s German Department from 1992 on, when working together with Professor Frank Shaw on a Medieval project which drew substantial funds from the DAAD, the Humboldt Foundation, the British Council and the Leverhulme Trust. We held workshops in Bristol and Trier, always engaging our research students, thus providing them with international experience, which furthered their linguistic ability and benefited their subsequent careers considerably.
With the threatened dismissal of Dr Anne Simon the University is going to drop the study of the history of the German language and literature from teaching, and therefore also from research, because – as the argument reads – it would not be in the long-term interest of the German Department. I doubt whether the implications of this argument are clear to all the members of your faculty, especially those who need historical German in the study of their sources.
Another point is the international relations among medievalists. It is well-known that the British colleagues teaching the history and literature of German are internationally respected among the leading scholars in the field of Digital Humanities, and also have strong links with their German and European colleagues. One of the most prestigious international colloquia, the Anglo-German Colloquium, takes place alternately in GB and Germany. The 1993 Colloquium took place in Bristol and was organised by Frank Shaw and myself. The next Colloquium is again planned for Bristol. I fear this may not now be possible, given the uncertain status of medieval German studies in Bristol. Which German funding organisation will provide the money, if the British side has no interest?
If the economic usefulness of earlier stages of the language and even of languages altogether is the main reason for dropping them from teaching and research at British universities, then it is obvious that not only the classical literature of the medieval vernaculars, but also Latin and Greek will disappear from academia in Britain. One day, Vergil and Catullus will have gone together with Wolfram von Eschenbach and Walther von der Vogelweide, and finally all of our cultural heritage which the EU is so proud of furthering. It is to be hoped that Bristol will not be one of those in favour of dropping Oldspeak.

Prof. Dr. John Greenfield (Universidade de Porto)

Over the weekend I received copies of a large number of messages from colleagues in a number of countries which have been sent to you because of your decision to discontinue Medieval and Early Modern Studies as a part of the Degree Course in German at Bristol University and, as a consequence, to dismiss Dr Anne Simon. As Professor of Medieval German Studies at the University of Porto (a long-standing cooperation partner of the University of Bristol), Head of the German Department and Coordinator of the Erasmus Mundus Master Course, German Literature of the European Middle Ages, I too feel that I should express my disagreement regarding your decision.
As you are aware, Medieval / Early Modern German is a vital part of German Studies and has, in Bristol, under the stewardship of Professor Frank Shaw (now in retirement) and of Dr Anne Simon, made important contributions to scholarship, having deservedly achieved a very high standing on the international stage. The loss of this sector at the University of Bristol would doubtless do irreparable harm to German Studies in Britain and to Medieval Studies in Bristol.
I fully understand the financial constraints under which British Universities are now operating and the threats which hang over them; it is also clear that, within the context of generalised cutbacks, you are in the unenviable position of having to make important decisions on the future of whole areas of study. But from the standpoint of the long-term strategy for German Studies in Bristol, I believe that the decision to close such a dynamic sector in the department cannot but be viewed as short-sighted; I am therefore writing to you to ask you respectfully to reconsider.

Prof. Dr. Gerhard Krieger (Universitaet Trier, Praesident des Mediaevistenverbandes e.V.)

in meiner Eigenschaft als Praesident des Mediaevistenverbandes, der groessten mediaevistischen Vereinigung in Europa mit ueber eintausend Mitgliedern, moechte ich Ihren Protest gegen die Kuendigung von Frau Dr. Anne Simon mit Nachdruck unterstuetzen. Frau Dr. Simon hat in ihren Beitraegen in vielfacher und vielfaeltiger Weise bewiesen, wie gut sie methodisch und inhaltlich international vernetzt ist. Wuerde die gegen sie ausgesprochene Kuendigung wirksam werden, waere dies nicht nur ein persoenlicher Affront, sondern ebenso ein Schlag, der die mediaevistische Germanistik national wie international dauerhaft schaedigte. Ich verbleibe in der Hoffnung, dass das vielfaeltige und ausserordentliche Engagement von Frau Dr. Simon die ihm gebuehrende Aufmerksamkeit und Anerkennung findet und die Kuendigung zurueckgenommen wird.

Statement des Instituts fuer deutsche Philologie der Universitaet Marburg

Die Germanistik in Grossbritannien ist nicht nur fuer die deutsche Germanistik, sondern auch als Eckpfeiler einer gesamteuropaeischen Kulturwahrnehmung und kulturellen Vernetzung von groesster Bedeutung. Es geht um das kulturelle Erbe Europas und nicht zuletzt auch um einen erheblichen Part der kulturellen Identitaet Grossbritanniens, was insbesondere in den hervorragenden Forschungsarbeiten von Frau Dr. Simon etwa zu Festivals and Ceremonies, zu Sigmund Feyerabend’s Das Reyssbuch dess heyligen Lands und Autor und Autorschaft im Mittelalter sowie in zahlreichen Buch- und Zeitschriftenartikeln immer wieder zum Ausdruck kommt.
In diesem gesamteuropaeischen Zusammenhang sind auch die Lehrschwerpunkte von Frau Simon weit ueber den unmittelbaren Bristoler Bereich hinaus richtungweisend. Dies gilt insbesondere fuer das hochaktuelle Thema der Geschichte der Religionen (Dis/Engaging with the Other: Germany, Judaism and Islam + Martin Luther and the Reformation). Hier stehen die Arbeiten von Frau Dr. Simon im Zentrum der aktuellen Debatten. Sie vermittelt die historischen Fundamente, um das hochkomplexe Phaenomen des Zusammenspiels der Religionen aus der Geschichte heraus zu verstehen.
Vor diesem Hintergrund scheint es uns geradezu leichtfertig, unter wirtschaftlichen Zwaengen die ebenso hoch angesehene wie international vernetzte Germanistikstelle in Bristol aufzugeben. Unseres Erachtens kann und darf man nicht einfach ein – und dazu auch noch ein sehr bedeutendes – Stueck aus der kulturellen Vernetzung Europas (und das macht ja das Fundament unserer Kultur ueberhaupt aus) leichtfertig herausschneiden und damit seine aktive Teilhabe an der Erforschung eben dieses Erbes aufgeben.
Die Mittel waeren H I E R wahrlich gut angelegt.
Prof. Dr. Christa Bertelsmeier-Kierst * Prof. Dr. Juergen Wolf * Dr. Nathanael Busch * Dr. Dorothea Heinig * Dr. Klaus Klein * Dr. Ralf G. Paesler * Tina Terrahe