Statement Prof. Dr. Ingrid Kasten (FU Berlin)

mit grosser UEberraschung, vor allem aber mit grosser Betroffenheit habe ich die Nachricht aufgenommen, dass unsere Kollegin Dr. Anne Simon von der Universitaet Bristol entlassen werden soll. Wenn dies zutreffen sollte, dann waere das ein schwerer Schlag und ein unschaetzbarer Verlust nicht nur fuer die germanistische Mediaevistik in England, sondern weit darueber hinaus fuer die Internationalitaet des Fachs allgemein.
Ich habe mit dem inzwischen emeritierten Kollegen Frank Shaw und auch mit der Kollegin Anne Simon – deren Arbeit uebrigens durch die in Aussicht genommene Entscheidung in nicht gerechtfertigter Weise diskreditiert wird -, bei verschiedenen Gelegenheiten vertrauensvoll und effektvoll kooperiert und von diesem Austausch sehr profitiert. Bristol war immer ein wichtiger Partner fuer die deutsche Mediaevistik, und ich verstehe deshalb nicht, warum dieser Partnerschaft jetzt durch eine administrative Entscheidung ein abruptes Ende gesetzt werden soll.
Gewiss steht der Dekan einer Fakultaet gerade in Zeiten grosser Sparzwaenge unter grossem Druck und traegt fuer seine Entscheidungen eine besondere Verantwortung. Ich bitte Sie daher, im Dialog mit den Kolleginnen und Kollegen auch anderer Mittelalter-Disziplinen die in Aussicht genommene Entscheidung noch einmal mit Blick auf das Renommee der Universitaet von Bristol zu ueberdenken. Erlauben Sie mir, Ihnen einige Gruende fuer diese dringliche Bitte in kurzer Form zu nennen:

fuer das Verstaendnis (nicht nur) der deutschen Kultur sind Kenntnisse der Literatur und Geistesgeschichte der Vormoderne (Mittelalter und Fruehe Neuzeit) sowie deren Rezeption von nicht zu ueberschaetzender Bedeutung

neuere Forschungsparadigmen (etwa zur Medialitaet, zur Wissensgeschichte oder zur Emotionalitaet), die gegenwaertig in kleineren und groesseren Forschungsverbuenden in internationaler Kooperation untersucht werden, wuerden ohne eine historisch-diachrone Perspektive in eklatanter Weise defizitaer bleiben

man hat inzwischen eingesehen, dass der europaeische Einigungsprozess in Zukunft einer staerkeren Reflexion in historischer und kultureller Perspektive dringend bedarf; hierzu koennen und muessen die Vertreterinnen und Vertreter der entsprechenden kultur- und geisteswissenschaftlichen Faecher (wie Dr. Anne Simon) einen substantiellen Beitrag leisten.

Ich bitte Sie daher nochmals, Ihren Plan, Dr. Anne Simon zu entlassen, zu ueberdenken und hoffe auf eine Revision der Entscheidung.

Statement Rike Borchers M.A. (Alumnus University of Bristol)

Am 28.10.2010 hat sich die University of Bristol dafuer entschieden, die Stelle meiner ehemaligen Dozentin Anne Simon zu kuendigen und somit die gesamte Fachrichtung der Medieval Studies aus dem Lehrprogramm zu nehmen. Diese Entscheidung ist zum einen auf personaler Ebene hoechst unverstaendlich, denn der Name Anne Simon steht fuer fachliche Kompetenz und internationale Kommunikation auf hoechstem Niveau. Sie hat nicht nur mit ihren Publikationen zu fruehneuhochdeutscher Reiseliteratur neue Massstaebe gesetzt, sondern ist gleichzeitig eine der Gruenderinnen des Centre for Medieval Studies in Bristol und hat durch die Organisation und Betreuung zahlreicher Konferenzen einen grossen Beitrag zum mediaevistischen Austausch auf internationaler Ebene geleistet. Auf subjektiv- persoenlicher Ebene kann ich dem nur hinzufuegen, dass Anne Simon eine der wohl hilfreichsten, empathischsten und kompetentesten Dozentinnen ist, die man sich als Student_in wuenschen kann und das Ende ihrer Lehre einen unbeschreiblichen Verlust fuer alle Studenten darstellt

Statement Lydia Bichel (Studentin Universitaet Stuttgart)

Unsere gemeinsame europaeische Literatur und Kultur ist nur mit dem Wissen aus vergangenen Zeiten wirklich zu verstehen und in ihrer Bandbreite zu erfassen. Jeder Wissenschaftler wird in seinen Untersuchungen zum Ursprung geleitet und gezogen, zur Ursache, warum sich etwas wie entwickelt hat, welche Einfluesse einwirkten und vieles weitere. Die Germanistische Mediaevistik ist ein Teil dieses Ursprungs der heutigen deutschen, aber gerade auch britischen Literatur und somit im wissenschaftlichen Sinne unkuendbar. Man kann schliesslich auch nicht die Baumkrone untersuchen, wenn man ein Stueck des Stammes entfernt.

Letter of the medievalist community

We write to you on behalf of the German medievalist community, both nationally and internationally.
The community has been shocked to hear of the sudden notification of Anne Simon’s proposed dismissal on the grounds that it is in the best long-term interest of the German Department to divest it of its mediaeval/early-modern component. As Medievalists, we are perplexed that of all universities Bristol, with its flagship Centre for Medieval Studies, should be considering axing a post in German Medieval Studies. Such an action will undermine the excellent provision and the reputation that Bristol University has in this field of study. At the moment Bristol enjoys a powerful identity as a stronghold for Medieval Studies with mediaevalists and early-modernists in French, Italian and Spanish, History of Art, Music, History, English, Theology and History of Art. We gather from your website that the Middle Ages are one of the Faculty’s supported research themes. How would the loss of a post in German Medieval and Early Modern Studies be consonant with that?
News of Dr Simon’s dismissal has spread like wild-fire and has provoked a very strong response as you will see from the signatories who wrote in protest at the proposed action. These include representatives of the Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG – German Research Foundation), the Academies (Akademie der Wissenschaften zu Mainz, Bayerische Akademie der Wissenschaften, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften), all leading research universities both in the German speaking countries and in the Anglophone world.
In the light of the strength of this response, both with regard to the personal merit of Dr Anne Simon and to the importance of German medieval studies, we would ask you to reconsider your decision to disinvest in German medieval and early modern studies. Not to do so will damage the reputation of Bristol University significantly.
Prof. Henrike Laehnemann
Dr Elizabeth Andersen

https://blogs.ncl.ac.uk/bl…t_of_supporters

Statement Prof. Dr. Manfred Kern (Universitaet Salzburg)

Ich kenne Frau Dr. Anne Simon seit 1998, sie ist eine fachlich sehr versierte und umfassend interessierte Kollegin, die die lange und ehrwuerdige Tradition der britischen mediaevistischen Germanistik in ihren auch im deutschsprachigen Raum geschaetzten Arbeiten weiter gefoerdert hat. Ihre Entlassung wuerde einen schweren Verlust fuer die Internationalitaet der Disziplin, aber auch fuer die internationale Anschlussfaehigkeit der britischen Philologie bedeuten und eine bedauernswerte Verarmung innerhalb der britischen Geisteswissenschaft darstellen. Ich schliesse mich als oesterreichischer Vertreter des Faches daher mit Nachdruck den Protesten einer breiten internationalen Community von Kolleginnen und Kollegen an und fordere die Ruecknahme dieser bestuerzenden Entscheidung.